Am Sonntag stand die Versteigerung der Autos an. Um 9 Uhr trafen sich alle Rallyeteilnehmer an der Hauptstraße und warteten auf das Führungsfahrzeug der DBO – der gambianischen Non-Government-Organisation, die mit der deutschen Rallye-Organisation kooperiert und die Hilfsprojekte sowie die Versteigerung vor Ort organisiert.
Alle fuhren gemeinsam zum Independance-Stadium, angefühlt hat sich die Fahrt für viele wie der Weg mit seinem Pferd zum Schlachthof.
3 Wochen haben wir alle in den Autos „gewohnt“, und es fiel schwer, sich jetzt von ihnen zu trennen.
Doch das Wissen um den guten Zweck des Ganzen, die Unterstützung der Menschen hier mit Krankenhaus, Ausbildungsstätten und Schulen, ließ alle wieder zur Hochform auffahren, als es galt, den potentiellen Käufern vor der Auktion die Vorteile ihrer Autos darzustellen.
Sowohl der Mazda von Andi und Johannes als auch unser Benz wurden von vielen Leuten gelobt: „Dis is good car. I like dis car, is de best car for my family. I wish I can buy it. Can I buy without ocshion now?“
Die vielen Versuche, das Auto vor der Auktion zu kaufen, hatten ihren Grund: Wie Secka, ein Freund, den ich seit 3 Jahren kenne, mir erzählte, saßen unter den Bietenden einige große Fische, allseits bekannte und sehr reiche Familien boten mit und trieben die Preise teils unglaublich in die Höhe. Damit senkten sie natürlich die Chancen für alle anderen, die versuchten, mit dem in der ganzen großen Familie zusammengesparten Geld ein Auto zu bekommen, um damit ein eigenes Taxiunternehmen zu starten.
Teilweise gingen diese Pläne aber auch auf. Unser Benz hatte am letzten Rallye-Tag eine Beule zu verkraften, nachdem ein anderer Fahrer mit Bus meinte, sich beim Fahren direkt vor uns zu reinzudrängeln und eine Vollbremsung hinzulegen, an einer Stelle, wo wir auf tiefem Sand fuhren. Er hatte sich geärgert, dass wir ihn immer wieder überholt hatten – wir haben ihm dann erklärt, dass das hier die Rallye und nicht die Kaffeefahrt „Dresden-Banjul“ ist – doch der Schaden war angerichtet.
Nicht schlimm eigentlich, denn so hatten 2 Freunde, die zusammengelegt hatten, die Chance, unser Auto für 135.000 Dalasi – ca 2400 Euro – zu ersteigern. Das bedeutet, der Benz wird in Zukunft in den Farben gelb-grün als Taxi 2 Familien ernähren.
Der Mazda ging sogar für unglaubliche 251000 Dalassi bzw 4310€ weg. Gekostet hatte er 1400€.
Insgesamt brachte die Versteigerung ca. 7,5 Millionen Dalasi ein – das entspricht etwa 130.000 Euro, die hier durch die DBO nachhaltig eingesetzt werden können.
Nach der Versteigerung lud uns Secka zu sich und seiner Familie zum Abendessen ein. Wie erwartet war die Wohnung schlicht, die Kochstelle ein kleiner Kohleofen, auf dem man einen Topf setzen kann.
Es wurde mehrmals gekochter, sehr starker Tee ausgeschenkt – nicht gleichzeitig für alle, denn die Familie hat nur 2 Teegläser.
Aida, die 4-jährige Tochter der beiden, war erst etwas reserviert, denn da die Familie Wolof spricht und Secka der einzige ist, der Englisch spricht, verstanden sie uns nicht. Außerdem schien es, als sähen wir für die Kleine doch sehr eigenartig aus mit unserer hellen Hautfarbe.
Mit einer geschenkten Nasenflöte, ein paar Faxen und ein paar Minzbonbons war ihr Vertrauen jedoch schnell gewonnen, und so saßen wir noch gemütlich eine Weile bei Reis, Fisch und Gemüse zusammen.
Secka stellte uns sein Arbeitszimmer vor. Ihn kennen wir von vor 3 Jahren, als er als Kameramann engagiert war, den Rallye-Einritt nach Gambia zu dokumentieren. Wir wunderten uns schon, warum er dieses Mal nicht dabei war – sein Journalisten-Equipment (eine Video-Kamera und ein Notebook, beides Marke Uralt) war bei einem Einbruch vor einem halben Jahr geklaut worden. Seither gab es natürlich kein Engagemement mehr für ihn, mit einem uralten Tablet und einem Pentium 4 versucht er aktuell, noch Aufträge an Land zu ziehen.
Auffällig war auch, dass Aida kein einziges Spielzeug hatte. Dennoch haben sie uns ein Kleid aus Aidas Bestand für unsere Kleine mitgegeben, weil sie wussten, dass ich eines suche.
So haben wir die Leute auf unserer Reise durch Afrika oft erlebt: Man hat nichts, aber gibt davon was ab.
Abgesehen von Mauretanien waren die Menschen überall freundlich und hilfsbereit.
Wenn wir zurück sind, haben wir uns überlegt, möchten wir ein Paket schnüren und ein paar Spielzeuge im Schiffscontainer der DBO herschicken. Eventuell reicht es auch für eine gute gebrauchte Kamera und einen mittelalten Laptop, so dass Secka wieder vernünftig arbeiten kann. Aufträge wären vorhanden – seit dem Präsidentenwechsel gibt es hier viel Aufklärungsbedarf, was die verschwundenen Staatsmittel und die Verbrechen des vorherigen Präsidenten angeht, das Staatsfernsehen hat bei ihm bereits angeklopft, ob er Interviews filmen würde.
Elke + Achim
Wiedermal unzählige, einzigartige Eindrücke – danke für den Report, wir waren ein bissel wie dabei !